SERIE DORFENTWICKLUNGS-KONZEPTE FÜR NEUNKIRCHER STADTTEILE
Saarbrücker Zeitung, Text & Fotos: Elke Jakobi
Die TU Kaiserslautern hat für Hangard folgendes Leitbild entwickelt: Hangard als attraktiver Lebens- und Wohnstandort mit hohen Freizeitqualitäten. Ein Besuch vor Ort mit Bestandsaufnahme und Blick in die Zukunft.
HANGARD| Zurzeit sind die Hangarder ganz besonders stolz auf ihren Ort. Denn Hangard ist Kreissieger im Wettbewerb „ Unser Dorf hat Zukunft“. Im Oktober geht es nun um die Landesmeisterschaft. Der Neunkircher Beigeordnete Thomas Hans erinnert sich noch gut und gerne an die Bereisung der Jury. Da stand der Ort zusammen wie ein Mann, die Vereine hatten was vorbereitet, alle signalisierten, wie gut der Zusammenhalt ist. ,,Das wirkte gar nicht gespielt, das kam echt rüber“, erinnert Hans. Das habe auch die Jury gespürt. Und auch die Umfrage der TU Kaiserslautern unter den Hangardern im Rahmen des Dorfentwicklungskonzeptes hatte ergeben: Hohes Wohlgefühl, hoher Bleibewunsch. Da merke man, dass die Dorfgemeinschaft funktioniert. Denn Hangard hat bereits das, was in anderen Stadtteilen noch im Entstehungsprozess ist: eine Projektgruppe Dorfentwicklung. Unter der Leitung von Michael Bollen hat die schon ganz schön viel auf die Beine gestellt. Hervorgegangen ist sie quasi als Folge eines Dorfentwicklungskonzeptes, das bereits 2006 für Hangard entworfen wurde. überall im Ort finden sich Zeugen dieser ehrenamtlichen Arbeit. Da gibt es die Blühblumenwiese mit von Baumpaten betreuten Bäumen. Überall finden sich Holzbänke zum „Hinhugge und sprooche“. In Nähe der Blies gar eine überdachte Sitzgruppe mit weitem Blick aufs Feld. Ein der Gruppe angehörender Schreiner zimmert das alles. Auch die überdachte Infotafel mit Sitzgruppe gegenüber der Ostertalhalle mit viel Platz für Bekanntmachungen. Der Aufzug, der zum Zeitpunkt des SZBesuches nach geduldiger Wartezeit endlich im Bau ist, geht auch auf Initiative der Projektgruppe zurück, in der jeder eine genaue ihm zugeteilte Aufgabe hat.
Die AG Dorfentwicklung ist, wie Hans betont, sehr aktiv. Fungiert sozusagen als Schnittstelle zwischen den Vereinen und der Allgemeinheit. ,,Die ist für Hangard Gold wert“, sagt der Beigeordnete. ,,Das geht weit über eine lebendige Vereinsstruktur hinaus.“ Alle profitierten von den kurzen Wegen. Als Beispiel nennt er noch einmal die Ostertalhalle. Nachdem die Wirtschaft geschlossen hatte, wollten die Vereine Ende 2019 gerne die Halle auch als Dorfgemeinschaftshaus nutzen. Es wurde ein Antrag gestellt und bewilligt, geknüpft an Barrierefreiheit. Mit den Vereinen wurde gesprochen, jetzt geht es noch ums genaue Konzept. Eines ist für Hans klar: ,,Es geht um mehr, als darum, den Vereinen Unterschlupf zu gewähren.“ Die Idee der Teilnahme am Dorfwettbewerb kam übrigens im zweiten Workshop auf. ,,Das war mit heißer Nadel gestrickt“, lobt Hans vor allem Doris Kiefer von der Stabsstelle für Demografie und Dorfentwicklung, die da sehr schnell gearbeitet habe. ,,Jetzt“, so freut es ihn, ,,haben wir es schriftlich, dass das Dorf Zukunft hat“.
Viele Besonderheiten hat der Ort, der – so sagt es auch eine Tafel am Ortseingang klar aus – das „ Tor zum Ostertal“ ist. Eine davon ist geografischer Art. Denn der Ort wird durch die Oster in zwei Teile geteilt. Eine erkennbare Mitte gibt es nicht. Für die Bürger ist der gefühlte Mittelpunkt vor der Ostertalhalle oder in deren Nähe am Dorfbrunnen, wo einer der beiden Premiumwanderwege, der Brunnenpfad, beginnt. Hangard ist Wohnstandort. Nichts desto Trotz gibt es einige Eigentümer geführte Unternehmen. Die Nahversorgung ist durch eine Bäckerei und vor allem Antonias Lädchen abgedeckt. Mit der neuen Pizzeria am Sportheim gibt es auch Gastronomie. Dazu ein kleineres Kneipchen. ,,Funktioniert“, sagt Hans. Apropos Sportheim. Ein Kuriosum am Rande des Ortes, dort, wo es weiter über einen Waldweg – auch für Radfahrer – nach Münchwies ginge, liegt beim Sportheim natürlich auch der Sportplatz. Der hat eine Tribüne. Und die Klappsessel dieser Tribüne stammen aus dem ehemaligen Neunkircher Hallenbad am Mantes-la-VillePlatz.
Doch es gibt noch mehr Raritäten. Ganz auf der anderen Seite, leicht auf dem Berg, steht die evangelische Kirche. Ein architektonisches Meisterwerk, das immer wieder busseweise Architektur-Studenten anlockt. Die Kirche wird sogar erwähnt in der „Straße der Moderne“, einer Sammlung der schönsten Kirchen Deutschlands. Professor Günther Mönke ist der Architekt und das Besondere daran – neben dem gesamten Erscheinungsbild: Er hat sie mit den Händen geformt, nicht auf Papier entworfen. ,,Markant und selbstbewusst wie eine kleine Burg ragt die evangelische Kirche auf ihrer Anhöhe empor“, so heißt es bei der „Straße der Moderne“ über das Bauwerk auf dem Arzberg. Nicht vergessen bei den Außergewöhnlichkeiten des Ortes darf man die bereits mehr als 50 Jahre währende Partnerschaft mit Enchenberg. Eine intensiv gelebte Partnerschaft, in fast jeder Ortsratssitzung Thema. Ihr zu Ehren gibt es gleich am Ortseingang von Richtung Wiebelskirchen kommend den Enchenberger Platz. Wer Lust hat – wie Doris Kiefer – kann sich hier hinter einem Holzrahmen vor tollen Landschaftspan – orama fotografieren (lassen).
Kiefer erläutert die nächsten Schritte der Dorfentwicklung für das Tor zum Ostertal. Eine Konzeption fürs Dorf gemein – schaftszentrum muss her. Für die AG und den Ort überhaupt sei der Sieg des Kreistitels eine schöne Motivation mit Strahlkraft gewesen.
Nun müsse man weiter am Image arbeiten. ,,Von Hangardern für Hangarder“, da sei die Dorfgemeinschaftsgruppe voll motiviert.
Wichtig dabei ist: Das soll keine Hochglanzkampagne werden, sondern eine Kampagne für die Leute. Hand in Hand müsse das gehen. Auch Ortsvorsteher Tobias Wolfanger verteilt noch eine Tüte Lob an die AG. ,,Das ist eine runde Sache.“ Und mit Leiter Michael Bollen als Koordinator habe man immer einen Ansprechpartner. Und umgekehrt. ,,Wir haben einen kurzen Draht“, bringt es Kiefer auf einen kurzen Nenner.
INFO
Hangard Der Ort Hangard gehört zusammen mit Wiebelskirchen und Münchwies zu einem Stadtteil. Ortsvorsteher ist Tobias Wolfanger. Zu Beginn des Dorfentwicklungskonzeptes durch die TU Kaiserslautern hatte Hangard 1767 Einwohner auf einer Fläche von 5,40 Quadratkilometern. Hangard liegt in direkter Nachbarschaft zu Wiebelskirchen. Die Nahversorgung ist gewährleistet, zudem gibt es einige eigentümergeführte Unternehmen. Die Verkehrsanbindung ist gut, eine ärztliche Versorgung gibt es im Ort nicht. Für Hangard gab es bereits 2006 ein Dorfentwicklungskonzept. Aus ihm ging die Arbeitsgemeinschaft Dorfentwicklung unter Leitung von Michael Bollen hervor.